Interview mit Sabine Gauger (Optima): Know-how-Transfer und Führungsstil sind entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit

 

Interview mit Sabine Gauger, OPTIMA packaging group GmbH

2023

Im Netzwerk Packaging Valley setzen die Mitgliedsunternehmen mit vereinten Kräften alles daran, Mitarbeiter zu gewinnen, zu qualifizieren und zu binden. Die Vorsitzende Sabine Gauger spricht im Interview über den Fachkräftemangel im Verpackungsbereich, Karrierechancen und die Anziehungskraft von „Made in Germany“.

Gutes Personal ist extrem schwierig zu bekommen. Was sind die Gründe für den Fachkräftemangel in der Verpackungsindustrie?

Da der Fachkräftemangel viele Branchen betrifft, lässt sich diese Frage nicht so einfach beantworten. Aber sicher ist der demografische Wandel ein großer Treiber. Auch die fortschreitende Digitalisierung trägt zum Fachkräftemangel bei. Gerade im Verpackungsmaschinenbau. Neue Berufsbilder entstehen, die ein ausgeprägtes Fachwissen und andersartige Qualifikationen voraussetzen, die viele Beschäftigte nicht haben. Hinzu kommt der Wettbewerb, denn auch andere Branchen suchen kluge Köpfe. Gut ausgebildete und studierte Arbeitnehmer in gefragten Branchen können sich ihre Jobs oft aussuchen. Sie nehmen nicht das erstbeste Angebot an, sondern gehen selektiv vor. Insbesondere in der stark globalisierten IT-Branche stehen Unternehmen des Mittelstands mit internationalen Wettbewerbern in Konkurrenz und ziehen manchmal den Kürzeren.

Welche Unternehmen tun sich besonders schwer?

Alle Betriebe leiden unter einem sehr angespannten Bewerbermarkt. Besonders schwer tun sich Unternehmen in Ballungsräumen. Wenn ich an unsere Mitglieder im Stuttgarter Raum denke, dann heißen die Wettbewerber um kluge Köpfe und Talente Daimler, Bosch oder Stihl. Auf der anderen Seite ist es aber auch für Unternehmen im ländlich geprägten Hohenlohe nicht einfach, Fachkräfte zu gewinnen, wenn die verkehrliche Erreichbarkeit erschwert oder das Kultur- und Freizeitangebot weniger ausgeprägt ist. In Deutschland gerät die Verpackung häufig in die Schlagzeilen, besonders Kunststoff wird für die Umweltverschmutzung verantwortlich gemacht.

Hat Ihre Branche ein Imageproblem?

Das kann eine Rolle spielen, obwohl es sicher nicht grundsätzlich gerechtfertigt ist. Zudem entstehen seit einigen Jahren gemeinsam mit unseren Kunden nachhaltige Konzepte in der Verpackungsmaschinenbranche. Daran mitzuarbeiten ist eine sinnvolle und anspruchsvolle Aufgabe für eine nachhaltigere Zukunft. Immer mehr Unternehmen und ihre Kunden haben dies erkannt und nutzen die Chancen. Genau auch dafür benötigen wir die richtigen Fachkräfte. Das Klagen über den Fachkräftemangel wird immer lauter.

Doch sind die Unternehmen kreativ genug bei der Suche und Bindung von Fachkräften?

Die Unternehmen haben erkannt, dass die Anstrengungen angesichts des engen Marktes nochmals verstärkt werden. müssen und das tun sie auch mit viel Kreativität. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, familienfreundliche Arbeitszeitregelungen, die Möglichkeit zur Weiterbildung, aber auch Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Der Blumenstrauß der Möglichkeiten ist bunt und üppig. Angesichts der Personalengpässe sollen es nun ausländische Fachkräfte richten.

Welche Chancen birgt die Globalisierung für den Arbeitsmarkt?

Deutsche Firmen sind im Ausland oft eine sehr attraktive und lukrative Möglichkeit für talentierte Menschen. „Made in Germany“ gilt weltweit als Garant für Qualität und gute Unternehmensorganisation. Die im Auslandsstandort frisch eingestellten Mitarbeiter „lernen“ die Zusammenarbeit mit den deutschen Führungskräften aus der Zentrale bereits in ihren Heimatländern und ihr Verantwortungsbereich wird Schritt für Schritt erweitert. Als nächste Stufe kann eine drei- bis fünfjährige Entsendung nach Deutschland gemeinsam mit der Familie für junge Fach- und Führungskräfte einen sehr guten Start ins Berufsleben bedeuten. Dabei ist die interkulturelle Zusammenarbeit und Kompetenz sehr wichtig. Nur mit dem entsprechenden Wissen und Führungsstil gelingt eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. Auch dabei wollen wir unsere Mitgliedsunternehmen weiterhin unterstützen, indem wir entsprechende Wissensvermittlung anbieten.

Die Bundesregierung plant eine Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, das seit 2020 in Kraft ist. Der Zuzug von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten soll nochmals erleichtert werden. Spürt die Verpackungsbranche einen positiven Effekt des FEG oder gar jetzt von den Flüchtlingen aus der Ukraine?

In der Vergangenheit haben wir vom FEG noch nicht profitieren können. Was die ukrainischen Flüchtlinge angeht, hängt es natürlich von der Qualifikation der Menschen ab. Meistens scheitert es aber an der Sprachbarriere.

Zurück zum heimischen Nachwuchs. Würden Sie sagen, dass in Ihrer Branche Ausbildung Chefsache ist?

Wenn es um die Wichtigkeit geht, auf jeden Fall. Aus- und Weiterbildung wird im Packaging Valley sehr groß geschrieben und ist existenziell wichtig. Was zudem auffällt, ist, dass in den Unternehmen eine geringe Fluktuation herrscht und Inhouse-Karrieren sehr häufig sind. Nicht selten gibt es Lebensläufe, die vom gelernten Mechatroniker steil in Richtung Führungskraft, ja sogar Geschäftsführerposten gehen. Da ein langjähriges Know-how absolut wichtig und die Praxiserfahrung unersetzlich ist, kann eine engagierte Fachkraft sehr gute Karrierechancen nutzen.

Sie fungieren als Patin des Arbeitskreises Marketing. Welche Synergien können Sie zusammen mit dem AK Personal + Weiterbildung beim Thema Fachkräftesicherung heben?

Es wird in Zukunft noch viel stärker als in der Vergangenheit wichtig sein, aufzuzeigen, dass das Packaging Valley ein echtes Tal der Karrierechancen ist, die Tätigkeit in einem technologisch dynamischen und innovativen Umfeld vielversprechend und die Karriereleiter bei unseren Mittelständlern leichter zu erklimmen ist als bei manchem Großunternehmen. Sprich, Arbeitgebermarketing für die gesamte Branche zu machen, wird eine der Zukunftsaufgaben des Packaging Valley werden. Unsere Initiativen wie der Makeathon, PR-Maßnahmen oder die Teilnahme an Recruitingmessen sind bereits wichtige Bausteine, müssen sich aber künftig noch viel stärker daran orientieren, dass wir im Gesamten darstellen, dass unsere Branche „sexy“ für Berufseinsteiger und Fachkräfte ist. Dr. Marc Funk, einer der beiden Packaging-Valley-Geschäftsführer, ist aktiv im Gespräch mit den Personalleitern unserer Mitgliedsunternehmen des Arbeitskreises Personal, um gemeinsam neue Themen auszuloten.

von Karen Gellrich, Packaging 360°

Weitere Informationen: "Unsere Branche ist sexy" - Das Premium-Themenportal für Konsumgüter, FMCG, Handel und Verpackung (packaging-360.com)

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